Hallo,
ich hab mir die Seiten angesehen und denke, ich versuche mal zu erklären, wie das Steuergerät arbeitet und was Chip-Tuner tun, wenn sie da eingreifen.
Hier kommt also viel Text!
(@Mods: für die Datenbank?)
Das Steuergerät ist das Zentralgehirn des Motors. Aber anders als die Chip-Hersteller das behaupten, ist jedes Steuergerät und das enthaltene Programm vom Hersteller speziell auf den jeweiligen Motor angestimmt worden. Die simple Aussage, man entwickle Motoren und Steuergeräte "von der Stange" und stelle die unterschiedlichen Leistungsklassen einfach durch "gedrosselte" Softwareparameter her, ist definitiv falsch - zumindest bei Ford. Es gibt nur wenige Fälle, wo es zumindest "ähnlich" ist. Der Mondeo MK II ist der 1,8er und 2,0er Motor (oder war's der 1,6er und 1,8er?) baugleich, hat nur größere Zylinderdurchmesser. Demnach ist auch das Steuergerät die gleiche Hardware, das Grundprogramm darin ist auch gleich. Aber es wird mit ganz anderen Parametern versorgt.
Kurz zur Steuergerät-Software: Diese besteht aus drei unterschiedlichen Bereichen:
1) Das Eprom: hier ist das Grundprogramm zur Steuerung des Motors abgelegt. Es ist in diesem Chip fest eingebrannt und enthält alle Abläufe, die für die variable Steuerung des Motors erforderlich sind, die Reaktionen auf äußere Einflüsse (z.B. Temperatur, Lamdawerte, Volllast-/Schiebezustände, ABS-Einsatz, erhöhter Strombedarf, Klimaanlage etc.), die Wegfahrsperre, den Selbsttest und das Notlaufprogramm für den Störungsfall.
2) Die Kennfelder: Das Eprom-Programm kann für sich genommen noch nicht funktionieren, da es eine Vielzahl von Parametern benötigt. Und damit diese bei Bedarf geändert werden können, sind sie in einem unter bestimmten Umständen überschreibbaren Speicherbereich abgelegt, der bei Stromunterbrechung nicht verloren geht. Die wichtigsten Werte sind das Zündkennfeld, aber auch hinterlegte Werte wie Fahrzeugnummer, Wegfahrsperren-Code usw. Auslesen und bei Bedarf wieder Einspielen kann man diese Werte über spezielle Geräte, die an die Diagnoseschnittstelle angeschlossen werden.
3) Und zuletzt gibt es den "flüchtigen" Speicher, der bei Stromausfall gelöscht wird. Hierhin schreibt das Programm alle aufgetretenen Fehlerzustände, aber auch einige Parameter, die es im Laufe des Fahrbetriebs automatisch "lernt" und die zusätzlich zu den Vorgabewerten den Motorlauf weiter optimieren. Dass der Speicher z.B. bei entladener oder abgeklemmter Batterie geleert wird, ist nicht tragisch, denn der Motor "lernt" in wenigen Kilometern wieder neu - durchschnittliche Fahrweise in dieser Zeit vorausgesetzt.
Soviel zur Technik.
Die Chip-Tuner, die Du genannt hast, machen sich nicht mehr die Arbeit - und das Risiko - den Eprom auszutauschen, also das Grundprogramm zu verändern. Sie modifizieren nur das Kennfeld, in dem Motor- und Ansauglufttemperatur, Lastzustand und anderes in Beziehung gesetzt und der augenblicklich optimale Zündzeitpunkt sowie die Verschlusszeiten der Einspritzdüsen abgelesen werden können.
Nun hat Ford die Kennfelder - wie schon gesagt - auch nicht einfach nach Schema-F da einprogrammiert. Sie sind genau auf die Motortechnik abgestimmt. Wenn es wirklich möglich ist - was ich übrigens nicht so ohne Weiteres glaube - allein durch Kennfeld- und Parameteränderungen aus einem 115 PS-Motor einen mit 150 PS + x zu machen, dann hat das natürlich Folgen (auch wenn die Chip-Tuner das verneinen):
> die Verbrennung wird ungleich heftiger, also heißer: Probleme bei Kühlung, Ventile, Zündkerze
> mehr Leistung bedingt bei gleichem Motor auch mehr Kraftstoff, wo soll sie sonst herkommen
> höheres Drehmoment belastet die Pleuel, die Kurbelwelle und die Lager stärker, als der Hersteller das vorgesehen hat: Gefahr von Lagerschäden
> Das Getriebe ist hierfür nicht ausgelegt: Gefahr von Getriebeschaden
> Die Schadstoffbelastung ändert sich, die Lamdasonde meldet häufiger Grenzwerte, der Kat "leidet" und die nächste AU ist nicht mehr so sicher (Benziner, ich weiß, ist bei Diesel entsprechend)
...und so weiter.
Gut möglich, dass bei durchweg gemäßigter Fahrweise die höhere Leistung den Motor kaum oder garnicht schadet. Aber wer lässt sein Auto schon tunen, wenn er die Leistung nicht "rauskitzeln" will. Und dabei können sicherlich etliche Grenzwerte überschritten werden.
Du hast gefragt, was mit modifizierten Geräten passiert, wenn ein Software-Update erfolgt.
Ganz einfach: Die Arbeit der Chip-Tuner wird vernichtet, weil die Werkstatt genau das gleiche macht, aber eben ein Serien-Kennfeld einspeichert. Wenn ein echter Software-Fehler im Eprom-Grundprogramm vorliegt (seeeeeehr selten), dann wird das ganze Steuergerät gewechselt, also auch die Chip-Tuner-Modifikation entfernt.
Und: Wenn es zum Garantiefall kommt, eine Ford-Werkstatt den Chip ausliest und die Modifikation findet, dann dürfte die Garantieleistung auch "Schnee von gestern" sein.
Die Behauptung der Tuner, die Versicherung interessiere das nicht, nehme ich auch nicht so einfach ab. Typ- und Schlüsselnummern gehen vom Serienfahrzeug aus, Sonderbauarten (und sowas wäre das dann) werden wohl nach Gutachten behandelt. Und da tauchen wieder die PS auf.....
Fazit: Überlege Dir das mit dem Chip-Tuning genau. Es ist ein beliebter Spruch der Tuner, die Hersteller würden die Wägen über Wert verkaufen und nur die Tuner könnten das richtig stellen. Aber wer glaubt schon der Werbung..........
Soviel zu meiner Meinung.
Grüße
Uli